Ortskenntnis – Essentiell für Anfahrt und Rettung

Selbst, wenn eine präzise Ortsangabe mit Geo-Koordinaten möglich ist, ist die Ortskenntnis in der Bergrettung bereits bei der Anfahrt relevant. Manchmal müssen wir aber auf Grund von landschaftlichen Beschreibungen, der Nähe zu einer bekannten Höhle oder einem Felsen auf die Unfallstelle schließen.

Bei der Anfahrt müssen wir grundsätzlich überlegen, wo Anfahrtswege enden und wie andere Rettungsmittel wie RTW (Rettungstransportwagen) oder NEF (Notarzteinsatzfahrzeug) zur Einsatzstelle kommen. Je enger und ausgesetzter die Wege werden, desto mehr muss schon vor der Anfahrt der Abtransport des Patienten berücksichtigt werden.
Darüber hinaus spielen tagesaktuelle Informationen eine Rolle: An welchen Stellen verzögern parkende Autos die Anfahrt? An welchen Stellen ist das Gelände wetterbedingt nicht befahrbar? Blockieren umgestürzte Bäume den Weg?

Die Überlegungen aus der Anfahrt münden in die Einsatztaktik: Erfolgt der Abtransport nach unten oder nach oben? Ist das Gelände durch Geröll, Lehm oder Fels geprägt? Wie hoch ist die Steinschlaggefahr? An welchen Stellen gibt es natürliche oder künstliche Verankerungspunkte? In der Bergrettung kann sich situativ vieles ändern – gute Ortskenntnis liefert in solchen Situationen die notwendigen Hintergründe, die dazu beitragen, eine Situation zu überschauen und zu kontrollieren.

Um diese Ortskenntnis weiterzugeben und sie individuell zu entwickeln, ergänzen wir Übungen und Einsatzsimulationen mit Ortsbegehungen. Deshalb sind wir immer wieder ohne Blaulicht und ohne Einsatzdruck im Dienstgebiet unterwegs. Manchmal ist der Sonnenuntergang oder der Sternenhimmel die treibende Kraft. Das Wissen, das Gelände auch in der Dämmerung oder in Dunkelheit zu kennen ist oft einsatzrelevant. Und weshalb sollten wir unter diesen Umständen nicht das Angenehme mit dem Nützlichen verbinden?